Wie die Krähe erschaffen wurde

 

 

Die stolze und mächtige Königin der Lüfte, die wilde weiße Adlerin, liebte es, ihren Körper den warmen Aufwärtswinden anzuvertrauen, sich auf ihnen in den Himmel zu schwingen und dort ihre Spiralen in das Blau zu malen. Und während sie da oben im lichten Sonnenschein ihre Kreise zog, flog tief unter ihr, ganz dicht über der Erde, ihr schwarzer Schatten über Wiese und Wasser, Felsen und Baum in vollkommenem Gleichklang mit ihr.

Eines Tages war die schöne Adlerin so hoch zur Sonne geflogen, dass sie in ihrem Glückstaumel die Erde unter sich für eine Weile vergaß. Diesen Moment nutzte ihr Schatten und löste sich von ihr, um fortan sein eigenes und selbst bestimmtes Leben zu führen. Als ein schwarzer Vogel flog er davon auf eigenen Wegen und suchte sich bald schon Gefährtinnen, um in Zukunft mit ihnen zusammenzuleben.

Manchmal erzählen sie sich heute noch die Geschichten ihrer Befreiung, und dann müssen sie alle zusammen laut lachen. Was macht es schon, wenn dieses Lachen etwas krächzend klingt, schließlich gab es ihnen ihren Namen. Freuen wir uns mit ihnen über ihre Freiheit!

Und was geschah weiter mit der Adlerin, willst du wissen? Ja, die hat es bis heute nicht bemerkt, dass ihr Schatten eigene Wege eingeschlagen hat. Vielleicht kommt sie ja eines Tages auf die Erde zurück und fängt an, ihn zu suchen.


(Judith 1998)

 

 

"Die Menschen suchen nicht nach dem Sinn des Lebens, sondern nach dem Gefühl, lebendig zu sein" (Joseph Campbell)

Alle Dinge, die uns materiell entgegentreten, sind nur die äußere Hülle von geistigen Wesenheiten.

(Rudolf Steiner)

Geduld zu haben bedeutet, der Schöpfung zu vertrauen. (Huna)

Da Du schon alles weißt,

mag ich nicht beten –

tief atme ich ein,

lang atme ich aus,

und siehe:

Du lächelst.

H. Heim